Eine Auskunftspflicht ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Am sichersten ist es, möglichst hinhaltend zu antworten („Das muss ich mir noch überlegen“). Man kann seine Impfbereitschaft aber auch gefahrlos bejahen. Denn auch nach einer solchen Erklärung kann man seine Meinung jederzeit wieder ändern.
Wer allerdings ein gutes Verhältnis zu seinem Arbeitgeber hat, sollte ihn auf die Rechtslage hinweisen: Dem Arbeitgeber droht keine Strafe und kein Bußgeld, wenn er Ungeimpfte weiter beschäftigt (siehe Frage 2).
Ja. Laut Gesetz ist es zwar ab 15. März 2022 verboten, ohne Nachweis für eine Impfung, eine Kontraindikation oder eine Genesung in einer Heil- oder Pflegeeinrichtung zu arbeiten. Wer aber schon vorher in einer solchen Einrichtung tätig ist, der genießt eine Art „Bestandsschutz“: Das Gesetz sieht weder ein Bußgeld noch sonstige Konsequenzen vor, wenn man nach dem 15. März ohne Impf- oder Genesungsnachweis weiterarbeitet (§ 73 IfSG). Auch für den Arbeitgeber, der Ungeimpfte weiter beschäftigt, sind im Gesetz keine negativen Konsequenzen vorgesehen; der Arbeitgeber muss lediglich dem zuständigen Gesundheitsamt Mitteilung machen (§ 20a Abs. 2 Satz 2 IfSG). Dieses entscheidet dann über weitere Maßnahmen (§ 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG). Wo viele Fälle angezeigt werden, kann es sein, dass die Gesundheitsämter Schwierigkeiten haben, zeitnah Maßnahmen zu verhängen. In jedem Fall kann gegen solche Maßnahmen Widerspruch eingelegt und vorläufiger Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht beantragt werden (§ 80 VwGO).
Wenn der Arbeitnehmer trotz einer Abmahnung weder eine Impfung noch eine Genesung noch die Unmöglichkeit einer Impfung nachweist, kann der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis außerordentlich kündigen. Gegen eine solche Kündigung (und auch schon gegen die Abmahnung) kann der Arbeitnehmer das Arbeitsgericht anrufen (Hinweis: gegen die Kündigung nur innerhalb von drei Wochen). Der Arbeitgeber muss dann begründen, warum er den Arbeitnehmer nicht weiter beschäftigen will, obwohl das möglich wäre beispielsweise auf einer anderen Position oder mit anderen Aufgaben (siehe Frage 2).
Von einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag ist aus drei Gründen dringend abzuraten:
Von der Impfpflicht ausgenommen sind (nur) diejenigen, die aus medizinischen, ärztlich attestierten Gründen nicht geimpft werden können (§ 20a Abs. 2 Nr. 3 IfSG).
Nein. Von der Impfpflicht ausgenommen sind nur diejenigen, die einen gültigen Genesenennachweis besitzen (§ 20a Abs. 2 Nr. 2 IfSG). Die Geltungsdauer und die Anforderungen an einen solchen Nachweis werden vom Robert-Koch-Institut festgelegt (§ 2 Nr. 5 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung). Aktuell ist ein PCR-Test erforderlich, der nicht älter als neunzig Tage sein darf (www.rki.de/covid-19-genesenennachweis). Ein nachträglicher Nachweis durch ein Antikörpertestergebnis wird nicht akzeptiert.
Ungeimpfte kann der Arbeitgeber zwar auch nach dem 15. März 2022 weiter beschäftigen (siehe Frage 2). Er muss das aber nicht tun, sondern kann den Arbeitnehmer auch freistellen. Soweit der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freistellt, muss er auch dessen Gehalt nicht mehr zahlen. Gegen eine Kürzung oder sogar eine vollständige Einstellung der Zahlungen kann der Arbeitnehmer das Arbeitsgericht anrufen. Dann muss der Arbeitgeber begründen, warum er den Arbeitnehmer nicht weiter beschäftigt und bezahlt. Denn aufgrund seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer so lange beschäftigen, wie er kann. Und bis zu einem behördlich angeordneten Verbot können Ungeimpfte weiterarbeiten (siehe Frage 2). Eine Gehaltskürzung dürfte jedenfalls keinen Bestand haben, solange eine Beschäftigung außerhalb der betroffenen Einrichtung möglich ist.
Die eigene Kündigung oder die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages gefährdet den Anspruch auf Arbeitslosengeld und ist für den Arbeitnehmer deshalb nicht zu empfehlen (siehe Frage 4). Nur nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber besteht Anspruch auf Arbeitslosengeld. Wenn der Arbeitnehmer den Verlust des Arbeitsplatzes durch „versicherungswidriges Verhalten” verursacht hat, ist zwar eine Kürzung möglich („Sperrzeit”, § 159 SGB III); die Anforderungen daran sind aber hoch. Wer nicht gegen den Text des Arbeitsvertrages verstößt („arbeitsvertragswidriges Verhalten”), hat i.d.R. nichts zu befürchten. Im Zweifel sollte das Sozialgericht angerufen werden. In jedem Fall sollte die Kündigung unverzüglich bei der Agentur für Arbeit gemeldet werden; außerdem muss die Frist von drei Wochen für eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht beachtet werden.
Jeder erkrankte Arbeitnehmer, der seine Krankheit nicht selbst verschuldet hat, bekommt Entgeltfortzahlung (§ 3 EntgFG) und nach sechs Wochen Krankengeld (§ 44 SGB V; § 52 SGB V). Die Anforderungen an ein „Verschulden” liegen dabei sehr hoch. Ein Vergleichsbeispiel: Übergewicht, Alkohol oder Tabakkonsum ändern nach allgemeiner Auffassung nichts am Anspruch auf Entgeltfortzahlung, obwohl diese Faktoren (statistisch) das Risiko einer Erkrankung erhöhen. Deshalb dürfte auch der Impfstatus nichts am Anspruch auf Entgeltfortzahlung ändern. Falls es dennoch zu Kürzungen kommen sollte, steht jedem Betroffenen der Rechtsweg offen.
Für Praxisinhaber und ähnliche Selbständige in Heilberufen hat der Gesetzgeber keine explizite Regelung getroffen. Geregelt ist nur, dass „die Leitung der Einrichtung oder des Unternehmens” dem Gesundheitsamt Meldung machen muss, wenn eine dort „tätige Person” keinen Impf- oder Genesenennachweis vorlegt (§ 20a Abs. 2 Satz 2 IfSG). Wenn die „tätige Person” aber selbst Inhaber „der Einrichtung oder des Unternehmens” ist, dann gibt es niemanden, dem sie einen Nachweis vorlegen kann. Bei solchen Gesetzeslücken wird üblicherweise eine ähnliche Regelung angewendet, deren Anwendung der Gesetzgeber selbst angeordnet hätte, wenn er die Lücke erkannt hätte (Analogie). Die Verhängung von Bußgeldern ist in solchen Fällen aber ausgeschlossen (Analogieverbot im Bußgeldrecht). Theoretisch denkbar wäre allerdings der Widerruf einer Berufszulassung wegen Unzuverlässigkeit. Deshalb sollte man dem Gesundheitsamt sicherheitshalber schriftlich mitteilen, dass man sich nicht selbst einen Nachweis vorgelegt hat.
Wer gegen die Abmahnung oder Kündigung seines Arbeitgebers vorgehen will, sollte unverzüglich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beauftragen. Wer Maßnahmen der Gesundheitsbehörde abwehren will, sollte sich an einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht wenden. Fachanwälte in Wohnortnähe benennt auf Anfrage die zuständige Anwaltskammer. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, kann auch bei ihr nachfragen.
Vor dem Arbeitsgericht muss man nur für die eigenen Anwaltskosten aufkommen. Außerdem fällt eine geringe Urteilsgebühr an, falls keine gütliche Einigung gelingen sollte (eine gütliche Einigung gelingt erfahrungsgemäß häufig). Vor dem Verwaltungsgericht muss die Seite, die verliert, die Gerichtsgebühren und auch die Kosten des gegnerischen Anwalts tragen. Meistens beauftragen die Behörden vor dem Verwaltungsgericht jedoch keinen Anwalt - das Kostenrisiko ist also vergleichsweise gering. Die genaue Höhe der Anwalts- und Gerichtsgebühren richtet sich nach dem Streitwert, den das Gericht im Einzelfall festsetzt. Beim Arbeitsgericht ist die Gehaltshöhe maßgeblich: wenn das Jahresgehalt beispielsweise 36.000 € beträgt, kostet der Rechtsstreit um die Kündigung über die gesamte erste Instanz (auch mit mehreren Terminen) rund 1.700 €.
Wen man vom Arbeitgeber, von Vorgesetzen oder Kollegen unter Druck gesetzt wird, ist das Wichtigste, nicht „die Nerven zu verlieren”. Eine Krankschreibung, um dem Druck auszuweichen, sollte vermieden werden. Denn jede Krankschreibung erleichtert dem Arbeitgeber die Entlassung und es lohnt sich, den Arbeitsplatz zu behalten (siehe Frage 4). Gegen eine Gehaltskürzung, unbezahlte Freistellung, Abmahnung oder Kündigung kann gerichtlich vorgegangen werden (siehe Frage 3). Alle anderen Überredungsversuche kann und sollte man ignorieren. Mit moralischen Argumenten lässt sich die Impfung schon deswegen nicht erzwingen, weil sie weder vor Ansteckung noch vor Erkrankung vollständig schützt.
Als Partei dürfen wir keine Rechtsberatung anbieten und auch keine Anwälte empfehlen. Wir haben aber selbstverständlich ein offenes Ohr für Sie. Gern können Sie sich als Betroffener unkompliziert mit einer E-Mail an uns wenden: [email protected]
Außerdem setzen wir uns weiterhin in den Parlamenten und in vielen Veranstaltungen unermüdlich für Ihre und unser aller Rechte ein.