2021 ist ein Super-Wahljahr. Es beginnt mit den Kommunalwahlen in Hessen im März, setzt sich mit den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt bis zum Sommer fort, und gipfelt schließlich im September mit den Kommunalwahlen in Niedersachsen und dem 26.09. als Super-Wahltag, an dem sowohl in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen der Landtag, als auch in Berlin das Abgeordnetenhaus und schließlich, als Höhepunkt, der Bundestag neu gewählt werden.
2021 steht aber auch – so viel dürfte bereits heute klar sein – ganz im Zeichen von Corona.
Vielerorts wird auch schon fleißig diskutiert:
Sollen die Wahlen 2021 vielleicht einfach komplett als Briefwahl durchgeführt werden?
Die Vorteile liegen angeblich auf der Hand:
Es gäbe eine größere Sicherheit für Wähler und Wahlhelfer, generell bräuchte man viel weniger von ihnen. Die Antragsbearbeitung für die Briefwahlunterlagen fielen weg, wenn jeder Wahlberechtigte diese automatisch zugeschickt bekäme. Und schließlich erhofft man sich eine höhere Wahlbeteiligung, weil man bequem von zu Hause wählen kann, und so weder an einen bestimmten Ort, noch an eine bestimmte Zeit gebunden ist.
Aber Obacht:
So heißt es in der Bundeswahlordnung: „An einen anderen als den Wahlberechtigten persönlich dürfen Wahlschein und Briefwahlunterlagen nur ausgehändigt werden, wenn die Berechtigung zur Empfangnahme durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen wird.“
Dies könnte also dazu führen, dass man zwar nicht am Sonntag zur Urne gehen muss, wohl aber irgendwann unter der Woche zur Post, um sich seinen Wahlschein abzuholen, wenn man zum Beispiel tagsüber arbeiten muss, und so den Briefträger verpasst. Und das heißt mitunter langes Anstehen an der frischen Luft, bis man an den Schalter vorgelassen wird.
In Deutschland war die Briefwahl übrigens bis zur Bundestagswahl 2009 nur mit Vorliegen eines besonderen Grundes möglich. In Frankreich wurde diese gar in den 1970er Jahren abgeschafft, da die Postbediensteten teilweise kommunistisch organisiert waren und das im Hinblick auf Wahlmanipulation als Sicherheitsrisiko eingestuft wurde.
Aber auch in Deutschland werden die Stimmen lauter, die in einer reinen Briefwahl durchaus Raum für Manipulationen sehen. So ist der Weg vom Briefkasten bis zur Wahlurne größtenteils unkontrolliert; Briefe können auf dem Postweg verloren gehen oder anderweitig verschwinden (optisch sind sie ja problemlos zu erkennen), oder die Zustellung verzögert sich, so dass die Stimmen nicht rechtzeitig zur Auszählung vorliegen.
Ein weiteres Problem stellt die Vorschrift der „geheimen“ Wahl dar. So kann bei der Urnenwahl durchgehend überwacht werden, ob der Wähler frei von Beeinflussung sein Kreuz machen kann. Im privaten Raum ist das unmöglich.
Alles in Allem ist es meine private Meinung, dass der Vorgang einer Wahl, einer Stimmabgabe, eine Errungenschaft ist, die heute wertvoller ist denn je. Für mich gehört es dazu, in eine Wahlkabine zu gehen und dort mein Kreuz zu machen. Ich möchte diesen Vorgang bewusst erleben. Das Recht und die Pflicht eines mündigen Bürgers spüren.
Und um es klar zu sagen: Der Vorgang der Wahl ist geheim. Das heißt, ich halte sowieso Abstand. Ich nehme auch meinen eigenen Stift mit. Ich halte mich nur kurz in der Wahlkabine auf, weil ich weiß, wen ich wähle, und ich fasse dort auch nichts an. Ich fasse auch die Urne nicht an, dazu ist nur der Wahlhelfer berechtigt. Die Ansteckungsgefahr sollte also minimal sein. Wenn man die Wahl dann auch noch mit einem kleinen Sonntags-Spaziergang verbindet, hat man sogar den Benefit der Bewegung an der frischen Luft.
Fühlen Sie sich also bitte ermutigt!
Bewahren wir unsere Demokratie – auch durch den wortwörtlichen Ganz zur Urne.
Quellen:
Briefwahl – eine Wahl unabhängig von Ort und Zeit der Urnenwahl (wahlrecht.de)
https://www.wahlrecht.de/lexikon/briefwahl.html
Wahl in Berlin unter Coronabedingungen: Notfalls nur per Brief – taz.de
https://taz.de/Wahl-in-Berlin-unter-Coronabedingungen/!5743772/
Wählen in Corona-Zeiten: reine Briefwahl möglich, aber problematisch – Politik: Aktuelle Nachrichten und Berichte – WESER-KURIER (weser-kurier.de)
https://www.weser-kurier.de/deutschland-welt/deutschland-welt-politik_artikel,-bedenken-beim-briefwahlboom-_arid,1953151.html
Wahltermine in Deutschland (2021, 2022 usw.) (wahlrecht.de)
https://www.wahlrecht.de/termine.htm#:~:text=September%202021,%20als%20Wahltermin%20der%20Bundestagswahl%202021%20zu,vertretenen%20Parteien%20h%C3%A4tten%20sich%20mehrheitlich%20f%C3%BCr%20den%2026
Fünfter Abschnitt Wahlhandlung (§§ 31 bis 36) | bpb
https://www.bpb.de/nachschlagen/gesetze/bundeswahlgesetz/44163/fuenfter-abschnitt-wahlhandlung-31-bis-36